Verpflegungsstrategie fürs Ausdauertraining
Fürs Training brauchen wir Energie, doch was ist besser für unsere Leistungsentwicklung: Kohlenhydrate oder Fette? Um die optimale Verpflegungsstrategie während des Ausdauertrainings wird viel diskutiert. Diese Tabelle schafft einen Überblick.
Es gibt ständig neue Ernährungstrends, neue Erkenntnisse und neue Trainings-/Ernährungsmethoden. Im Profi-Sport wird viel ausprobiert und findet über Fachmedien seinen Weg in den Breitensport.
Verpflegungsstrategien für Pros und Agegrouper
Doch längst nicht alles, was die Pros so treiben, ist auch sinnvoll für Agegrouper. Zudem wird oft nur Halbwissen weitergegeben oder ein komplexes Thema zu einfach beantwortet. Ein Beispiel: Zur optimalen Aktivierung des Fettstoffwechsels hat sich im Profibereich Nüchterntraining bzw. Training mit teilweise entleerten Glykogenspeichern etabliert.
Dabei handelt es sich um eine kombinierte Trainings- und Ernährungsstrategie, die zu einer effizienteren Anpassung des Fettstoffwechsels führen soll. Studien haben gezeigt, dass der Körper verstärkt auf Fett zur Energiebereitstellung zurückgreift, wenn nicht genug Kohlenhydrate zur Verfügung stehen.
Natürlich vorausgesetzt, dass man die Intensität des Trainings so anpasst, dass der Körper auf aerobem Weg mit Energie versorgt werden kann (LIT). Idealerweise trainierst du mit leeren Speichern nur im Grundlagenbereich. Steigerst du die Intensität über die anaerobe Schwelle, ist der Körper auf Kohlenhydrate als Energielieferant angewiesen.
Vorsicht: Nicht einfach alles übernehmen, was Pros machen!
Hier besteht die erste Gefahr: Wählst du ein zu hohes Lauftempo, verbrennt dein Körper sehr schnell die restlichen Kohlenhydratreserven. Sind die Speicher komplett leer, kommt es unweigerlich zu einem Leistungseinbruch. Denn die Fettoxidation benötigt ein geringes Maß an Kohlenhydraten.
Sind keine Kohlenhydrate mehr vorhanden, kommt es in der Atmungskette zu einem Engpass. Der Körper muss nun entweder aus Aminosäuren neue Glukose bilden oder er kann unter bestimmten Umständen aus Fettsäuren Ketone bilden, die anstelle der benötigten Kohlenhydrate den Fettstoffwechsel in Gang halten.
Die zweite Gefahr besteht darin, dass viele Athleten die veröffentlichten Studienergebnisse oder Ernährungsstrategien der Pros unbedacht übernehmen. Wenn früher ein Radprofi 5 Stunden nur mit Wasser trainiert, mag das für den Profi funktioniert haben. Ob das gesund ist oder gar für Hobbysportler zu empfehlen, steht auf einem anderen Blatt. Zudem ändert sich die Ernährungsstrategie im Profi-Bereich gerade wieder von low-carb zu einer sehr hohen Kohlenhydrat-Zufuhr.
Sicherlich können wir vom Profisport lernen, aber wir müssen die dort ausprobierten Methoden auf den Hobbysportler anpassen. Kein Profi ernährt sich ausschließlich low-carb und trainiert nur noch nüchtern. Ich beobachte aber immer wieder, dass gerade Hobbysportler glauben, viel hilft viel. Also wird ab sofort nur noch low-carb gegessen und nüchtern trainiert.
Diese so genannten Train-low-Einheiten solltest du also bedacht einsetzen und nicht zu sehr ausdehnen und ggf. bei längeren Läufen oder Ausfahrten bereits während der Belastung Kohlenhydrate zuführen. Hier gilt es, die Zufuhr in relation zur Dauer progressiv zu steigern. Hintergrund ist es, eine vollständige Entleerung der Glykogenspeicher zu vermeiden und bereits während des Trainings die Regeneration einzuleiten.
Verpflegung vor dem Training
So einfach funktioniert Sporternährung aber nicht. Wir müssen unsere Ernährung an den Trainingsplan anpassen. relativ kurze „Nüchterneinheiten“ sind ab und an okay, aber sollten nicht zu oft eingeplant werden und müssen von Umfang und Intensität an den eigenen Fitnesslevel angepasst werden.
Für Einsteiger reicht eine Nüchterneinheit pro Woche aus, erfahrene Athleten, die für längere Distanzen im Triathlon trainieren, dürfen auch gerne 2x pro Woche mit leeren Speichern trainieren.
Unser Trainingsplan besteht aber nicht nur aus Fettstoffwechseleinheiten. Intervalle oder Tempoeinheiten mit mittlerer oder hoher Intensität (MIT/HIT) benötigen ggf. mehr Kohlenhydrate, um unsere Leistung erbringen zu können.
Aber auch hier kann man keine pauschale Regel ableiten. Wer Erfahrung mit der Train-low-Methode hat, kann durchaus auch mal kurze HIT-Einheiten (60 bis max. 90min) mit leeren Speichern absolvieren. Ideal ist das aber nicht. Steht Intensität im Trainingsplan, solltest du deine Ewrnährtung darauf anpassen und ggf. bereits am Vortrag mit dem Laden von Kohlenhydraten beginnen.
Bei längeren Intervallserien sollten vor dem Training ausreichend Kohlenhydrate aufgenommen werden. Je nach Workout reicht eine normale Ernährung oder es sollte sogar kohlenhydrat-betont gegessen werden.
Hier ist eine grobe Verteilung der Makronährstoffe für deine Mahlzeitenplanung:
- Normal: 40% KH : 40% Fett : 20% Proteine
- High-carb: 50% KH : 30% Fett : 20% Proteine
- Low-carb: 0,5g KH /kg Körpergewicht
Du brauchst bei intensiven Einheiten aber nicht unmittelbar vor dem Trainingsbeginn essen, es reicht bspw. am Vorabend high-carb zu essen, wenn du morgens eine MIT/HIT-Einheit geplant hast.
Entscheidest du dich stattdessen für ein Frühstück mit Kohlenhydraten, dann empfehle ich dir, die Mahlzeit 2-3 Stunden vor Trainingsbeginn zu dir zu nehmen, damit sich dein Insulinspiegel wieder beruhigen kann, bevor du loslegst. Andernfalls steigt direkt der Kohlenhydratverbrauch an, wenn du mit dem Training beginnst.
Eine Trainingseinheit zur Optimierung deines Fettstoffwechsels sollte übrigens nicht wirklich nüchtern absolviert werden. Je nach Länge der Einheit würde ich ein protein-fettbetontes Frühstück empfehlen oder einen Espresso/Americano mit einem Löffel Kokosöl oder MCT-Öl (ideal ist C8-Öl) zu mir nehmen.
Nach der langen Fastenperiode über Nacht herrscht eine katabole Stoffwechsellage vor. Der Körper schüttet vermehrt das Stresshormon Cortisol aus. Koffein verstärkt das zwar, aber durch das zugeführte Fett bekommt der Körper Energie und kann den Cortisolspiegel runterfahren.
Verpflegung während der Belastung
Unser Kohlenhydratreserven (Glykogenspeicher in Muskulatur und Leber) sind begrenzt. Wir können uns also nicht beliebig lange mit hoher Intensität fortbewegen. Je länger und je intensiver eine geplante Trainingseinheit ausfällt, desto mehr Kohlenhydrate müssen wir zuführen.
Allerdings gibt es physiologische Grenzen. Unsere Transportwege für Kohlenhydrate sind begrenzt. Wir können unter Belastung etwa 60g Glukose pro Stunde aufnehmen. Mischt man verschiedene Kohlenhydrate, kann man die Zufuhr steigern. Mit einem Glukose/Fruktose-Mix (2:1 oder 1:1) kann die KH-Zufuhr auf 90-120g pro Stunden gesteigert werden, weil Fruktose über einen anderen Transportweg aufgenommen wird.
Im Training musst du dich allerdings nicht immer von Beginn an mit Kohlenhydraten versorgen. Viele Sportler greifen zu früh auf Iso, Riegel und Gels zurück. Eine konstante Versorgung mit Kohlenhydraten führt nämlich dazu, dass unser Körper sich auf die ständige Verfügbarkeit von Kohlenhydraten einstellt.
Mit jedem Training setzen wir im Idealfall einen Reiz, der eine Anpassung nach sich zieht. Verbrennen wir überwiegend Kohlenhydrate, optimiert unser Körper diesen Stoffwechselweg. Im Rennen können wir dann nicht umschalten und verbrauchen die begrenzten Glykogenreserven zu schnell.
Bei einer Sprint- oder Kurzdistanz ist das noch nicht dramatisch, aber ab einer Mitteldistanz und vor allem auf der Langdistanz kommt es auf einen ökonomischen Umgang mit unseren begrenzten Ressourcen an. Der Fettstoffwechsel bekommt mit zunehmender Renndauer eine immer wichtigere Bedeutung.
Allerdings solltest du deine Verpflegungsstrategie nicht nur Dauer und Intensität, sondern auch der jeweiligen Trainingsperiode anpassen. In der Basephase (VP1) kannst du eher mal auf KH verzichten, zumal die Umfänge hier auch noch relativ gering sind,. Mit steigenden Trainingsumfängen (ab Buildphase) solltest du die KH-Zufuhr in fast allen Einheiten steigern. Jetzt kommt es darauf an, dein Verdauungssystem an die hohe Kohlenhydrat-Zufuhr über einen längeren Zeitraum anzupassen, damit du im Rennen keine Magen-Darm-Probleme bekommst (Stichwort train the gut).
In der dargestellten Tabelle kannst du Verpflegungsstrategien für Einsteiger und Fortgeschrittene ablesen:
Wenn du noch nie einen Nüchternlauf gemacht hast, dann fang mit 45min an und lauf nicht gleich 90min ohne Frühstück.
Fortgeschrittene können ihre Grundlageneinheiten (LIT) auf dem Rad (GA1 @ 55-75% FTP) auf bis zu 2 Stunden ausdehnen, bevor man Energie zuführen sollte.
HIT-Einheiten sollten idR mit Kohlenhydraten versorgt werden, aber erfahrene Athleten könne auch mal eine kurze HIT-Einheit vor dem Frühstück absolvieren.
Bei Tempo-Einheiten (MIT) würde ich vorher eine normale oder kohlenhydrat-betonte Mahlzeit empfehlen und ggf. nach der ersten Stunde mit der Zufuhr von Kohlenhydraten beginnen.
Hier ist noch die Legende zur Tabelle:
ELEKTROLYTE sind Mineralien (Natrium, Magnesium, Calcium, Kalium), die im Stoffwechsel benötigt werden. Zur Wärmeregulation fängt der Körper an zu schwitzen. Dabei verlieren wir auch Mineralien, vor allem Natrium. Deshalb solltest du deinem Wasser immer Elektrolyte oder zumindest eine Messerspitze Salz zufügen. Elektrolyte stehen hier auch für no-carb.
KH steht für Kohlenhydrate. Am einfachsten führst du diese in Form eines isotonischen Getränks (Elektrolyte und Kohlenhydrate) zu dir. Du kannst aber auch Gels oder Riegel zu dir nehmen und mit Wasser nachtrinken. Die empfohlene Menge kannst du der Tabelle entnehmen.
Normal: Normale Mahlzeit mit ausgewogener Verteilung von KH/FE/PR etwa 2-3h vor Trainingsbeginn
Low-Carb: Mahlzeit mit wenig KH etwa 2-3h vor Trainingsbeginn
High-Carb: Mahlzeit mit hohem KH-Anteil bereits am Vortrag mit dem Laden von KH beginnen! Ggf. 10-15min vor dem Training 1 Gel (20-30g KH mit Wasser)
Recovery-Shake: Nach dem training empfiehlt sich ein Recovery-Shake mit 80-100g KH und 25-30g Proteinen, um die Regeneration einzuleiten.
Viel Erfolg!