Laufen: Diese 4 Faktoren beeinflussen deine Bewegungsökonomie

Der schnellste Läufer ist nicht zwangsläufig derjenige mit der größten aeroben Kapazität. Eine hohe VO2max ist zwar grundsätzlich von Vorteil, aber anders als beim Radfahren ist beim Laufen die Bewegung nicht durch Mechanik vorgegeben. Eine entscheidende Größe ist daher deine Bewegungsökonomie.

Die Bewegungsökonomie wird durch diese 4 Faktoren beeinflusst:

  1. Schrittlänge (m)
  2. Schrittfrequenz (spm)
  3. Bodenkontaktzeit (ms)
  4. Vertikalbewegung (cm)

Die Laufgeschwindigkeit kann man auf eine einfache Formel herunterbrechen:

Geschwindigkeit = Schrittlänge x Schrittfrequenz x60/1.000

Deine Laufgeschwindigkeit ist also von deiner Schrittlänge und deiner Schrittfrequenz abhängig. Kennst du beide Faktoren, kannst du deine Geschwindigkeit ausrechnen und abschätzen, welchen Nutzen es dir bringt, wenn du an einem der beiden Stellschrauben drehst.

Idealerweise läufst du mit einer relativ hohe Schrittfrequenz und machst dabei große Schritte. Was Profis scheinbar einfach gelingt, stellt viele Hobbyläufer allerdings vor eine schwierige Aufgabe. Meist ist die Schrittfrequenz relativ niedrig und dafür die Schrittweite hoch. Das gilt vor allem für lange Läufer.

Als ersten Schritt für eine bessere Bewegungsökonomie empfehle ich, die Schrittfrequenz zu steigern. Als ideal gelten 180 Schritte pro Minute oder mehr. Auf kurzen Distanzen machen Topathleten über 200 spm, auf lange Strecken hat sich 180 spm als gutes Maß herausgestellt, was man auch über die Marathondistanz aufrechterhalten kann.

Diese Stellschraube hat damit aber auch eine gewissen Obergrenze. Wenn ich mich auf 180 Schritte gesteigert habe, kann ich quasi keine weitere Verbesserung mehr erzielen, indem ich die Frequenz weiter anhebe. Wenn ich dennoch schneller laufen möchte, muss ich dann die Schrittlänge erweitern.

Beispiel 1: Mittlere Schrittfrequenz und Schrittlänge

V = 1,10m x 170 x60/1.000 = 11,22 km/h

Hier ist eine Beispielrechnung, wie sich die Geschwindigkeit verändert, wenn du an einer der beiden Schrauben drehst. Die Referenz ist ein Läufer mit einer Schrittlänge von 1,10m und einer Schrittfrequenz von 170 spm

Beispiel 2: Hohe Schrittfrequenz und niedrige Schrittlänge

V = 1,04m x 180 x60/1.000 = 11,23 km/h

Steigerst du deine Schrittfrequenz um 10 spm auf 180 spm, dann reicht eine Schrittlänge von 1,04m aus, um etwa die gleiche Geschwindigkeit zu halten.

Beispiel 3: Niedrige Schrittfrequenz und hohe Schrittlänge

V = 1,20m x 160 x60/1.000 = 11,52 km/h

Machst du dagegen längere Schritte mit einer um 10 Schritte niedrigeren Frequenz, dann steigt die Geschwindigkeit sogar um 0,3 km/h an.

Aber Vorsicht: Was wir in diesem Vergleich noch nicht berücksichtigt haben, sind die anderen Faktoren der Laufökonomie. Längere Schritte machen zwar schneller, kosten aber auch mehr Energie und Sauerstoff.

Bevor du an deine Schrittlänge gehst, solltest du erst die andere Schraube voll aufdrehen und deine Schrittfrequenz auf 180 spm anheben. Wenn du dich an diesen Laufrhythmus gewöhnt hast, kannst du dich an die Schrittlänge machen.

Wie lange sollte die Bodenkontakzeit beim Laufen sein?

Idealerweise hast du beim Laufen auch die Bodenkontaktzeit auf dem Schirm. Moderne Laufuhren sind mit Bewegungs- und Beschleunigungssensoren ausgestattet und ermitteln neben deiner Laufgeschwindigkeit auch deine Schrittfrequenz, Schrittlänge, Bodenkontaktzeit und Vertikalbewegung.

Machst du große Schritte bei relativ niedriger Frequenz (SF < 170 spm), verlängert sich zwangsläufig die Bodenkontaktzeit und oft steigt auch die Vertikalbewegung. Ganz ohne vertikale Beschleunigung geht es natürlich nicht. Die Laufbewegung unterteilt sich vereinfacht gesagt in eine Flug- und Stützphase.

In der Stützphase haben deine Füße abwechselnd Bodenkontakt und sorgen so für Vortrieb. Der Stützphase schließt sich die Flugphase an, in der du keinen Bodenkontakt hast. Dabei geht Geschwindigkeit verloren. Je länger du in der Luft bist und je länger deine Füße am Boden kleben, desto mehr Energie geht verloren.

Das hat zwei Ursachen: Erstens sorgen kurze Bodenkontaktzeiten unter 200ms dafür, dass du einen Teil der kinetischen Aufprallenergie für den Vortrieb nutzen kannst. Mit jedem Fußaufsatz sorgt das natürliche Dämpfungssystem deines Körpers dafür, dass die Aufprallkräfte auf dem Boden absorbiert und in den Faszienstrukturen sowie der Achillessehne kurzgespeichert werden.

Beim Abdruck wird ein Teil dieser Energie wieder freigesetzt. Wie bei einer Sprungfeder gilt: Je kürzer die Bodenkontaktzeit desto effizienter funktioniert die Energierückgewinnung (Rebound). „Klebt“ dein Fuß dagegen zu lange auf dem Boden (> 200ms), geht diese Energie fast wirkungslos verloren.

Vermeide unnötige Vertikalbewegung

Zweitens ist die Flugphase zwar charakteristisch fürs Laufen, aber die Frage ist, wie viel darf sich der Körperschwerpunkt dabei auf und ab bewegen. Es gibt eine ideale Flughöhe. Beschleunigst du dagegen deinen Körper zu sehr nach oben, geht Energie verloren, statt für Vortrieb zu sorgen. Dabei sind wenige Zentimeter bereits erheblich.

Ein einfaches Rechenbeispiel kann dir das verdeutlichen: Stell dir mal vor, du wiegst 75kg und läufst 10.000m. Bei einer Schrittlänge von 1m brauchst du für die Strecke rund 10.000. Hebst du deinen Körperschwerpunkt bei jedem Schritt 5cm mehr an als nötig, summiert sich die dafür nötige Leistung immer weiter auf.

Am Ende hast du dein Körpergewicht 10.000 unnötigerweise 5cm angehoben, statt die dafür aufgewendete Energie in Vortrieb umzuwandeln. Das entspricht einem Trainingsvolumen von 750 Tonnen (75kg x 10.000).

Ganz ohne vertikale Leistung geht es selbstverständlich nicht, aber du solltest deine Vertikalbewegung im Auge behalten, um deine Effizienz besser einschätzen zu können. Mit kürzeren und schnelleren Schritten machst du idR auch flachere Schritte. Mit steigender Schrittfrequenz deine Bodenkontaktzeit und deine Vertikalbewegung verringert sich.

Sprich: Deine Bewegungsökonomie verbessert sich. Deshalb halte ich es für sinnvoll, erstmal an der Schrittfrequenz-Schraube zu drehen, bevor du versuchst, deine Schritte weiter zu ziehen. Denn idealerweise kannst du dann im Wettkampf mit gleichbleibend hoher Schrittfrequenz lange Schritte machen und steigerst so deine Pace:

Beispiel 4: Hohe Schrittfrequenz und lange Schritte

V = 1,20m x 180 x60/1.000 = 12,96km/h

Lange Schritte und eine hohe Schrittfrequenz sind der Garant für schnellere Laufzeiten.

Es ist allerdings nicht ganz so einfach, die Schrittlänge zu steigern. Geeignete Maßnahmen sind beispielsweise Sprints, Bergintervalle und Krafttraining. Je mehr Kraft deine Beine entwickeln können, desto besser.

Jetzt weißt du, woran du arbeiten kannst.

Viel Erfolg!