Mythos Fettstoffwechsel: Was wirklich dahinter steckt

Du hast bestimmt mal gehört, dass der Körper bei längerer Belastung einfach auf Fettverbrennung „umschaltet“. Das ist ein Mythos! Tatsächlich nutzt dein Körper immer sowohl Fette als auch Kohlenhydrate, nur die Intensität deines Trainings bestimmt, welcher Treibstoff mehr zum Einsatz kommt.

In diesem Beitrag werde ich dir erklären, warum der Stoffwechsel komplexer ist, als es auf den ersten Blick scheint, und was das für dein Training bedeutet. Wir beleuchten die verschiedenen Energiesysteme, wie Fett und Kohlenhydrate dabei genutzt werden und warum es für Ausdauersportler wichtig ist, diese Zusammenhänge zu verstehen.

Die 4 Energiesysteme deines Körpers

Unser Körper hat vier Hauptwege, um Energie für Muskelkontraktionen bereitzustellen. Diese Energiesysteme arbeiten nicht getrennt voneinander, sondern immer gleichzeitig – nur ihr jeweiliger Beitrag variiert je nach Trainingsintensität und Dauer. Hier ein Überblick:

  1. Phosphokreatin-System (PCr): Dieses System ist der schnellste Weg, um ATP, die Energieeinheit des Körpers, zu regenerieren. Es kommt besonders bei kurzen, intensiven Anstrengungen wie Sprints zum Einsatz, hält jedoch nur wenige Sekunden.
  2. Glykolyse (Milchsäuregärung): Dieser Prozess gewinnt ATP aus Glukose ohne Sauerstoff und kommt bei moderater bis intensiver Belastung ins Spiel. Ein Nebenprodukt ist Pyruvat, das entweder für den aeroben Stoffwechsel genutzt oder in Milchsäure umgewandelt wird, um die Glykolyse am Laufen zu halten.
  3. Kohlenhydratoxidation: Hierbei handelt es sich um den aeroben Weg, Glukose zu oxidieren und ATP zu produzieren. Dieser Weg ist effizient, liefert aber langsamer Energie als die Glykolyse und benötigt Sauerstoff.
  4. Fettoxidation: Auch die Fettverbrennung ist ein aerober Prozess, der Energie liefert, aber langsamer als die Kohlenhydratoxidation. Fett wird sowohl aus gespeicherten Fetten im Muskel (intramuskuläre Triglyzeride) als auch aus dem Fettgewebe bereitgestellt.

Der Mythos des „Fettstoffwechsel-Schalters“

Ein häufiger Irrglaube ist, dass der Körper zwischen Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel „umschaltet“, wenn die Intensität des Trainings sich ändert. Tatsächlich gibt es jedoch keinen Schalter, der festlegt, wann der Körper Fett oder Kohlenhydrate verbrennt.

Der Schlüssel liegt in einem Molekül namens Acetyl-CoA, das aus beiden Energiequellen – Fett und Kohlenhydraten – gewonnen wird und im sogenannten Zitratzyklus (Zitronensäure-Zyklus) zur Energiegewinnung genutzt wird.

Beide Prozesse, Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel, laufen ständig parallel ab. Wie viel Fett oder Kohlenhydrate dein Körper verwendet, hängt von der Intensität deines Trainings ab.

Bei höherer Intensität wird mehr Kohlenhydrat genutzt, da es schneller Energie liefert. Bei niedriger bis moderater Intensität greift dein Körper vermehrt auf Fettreserven zurück.

Fakt: Im Bereich deiner anaeroben Schwelle (auch als FTP bezeichnet) sinkt die Fettverbrennung auf nahezu Null.

Fettverbrennung bei verschiedenen Intensitäten

Wenn du moderate Anstrengungen wie lockeres Laufen oder Radfahren ausführst, steigt der Anteil der Energie, der aus Fett stammt, deutlich an. Der Höhepunkt der Fettverbrennung, auch als FatMax-Zone bekannt, liegt typischerweise bei etwa 65 % deiner VO2max – also deiner maximalen Sauerstoffaufnahme. Dies ist jedoch von Person zu Person unterschiedlich und hängt von deinem individuellen Stoffwechsel und deinem Trainingszustand ab.

Bei sehr hoher Intensität (über 85 % VO2max) dominieren jedoch Kohlenhydrate die Energiegewinnung, da sie schneller zur Verfügung stehen. Dein Körper hat nicht genug Zeit, um Fette in ausreichender Menge zu oxidieren, und greift daher auf Muskelglykogen zurück, das direkt in den Muskeln gespeichert ist und schnell bereitgestellt werden kann.

Fettquellen: Woher stammt das Fett?

Fett ist nicht gleich Fett. Es gibt verschiedene Quellen für Fettsäuren, die dein Körper als Energie nutzen kann:

  1. Intramuskuläres Fett (IMTG): Auch wenn viele Ausdauersportler schlank sind, haben sie größere Fettreserven in ihren Muskeln. Dieses Fett wird direkt im Muskel genutzt und steht daher schnell zur Verfügung, insbesondere bei moderaten Belastungen.
  2. Fettsäuren aus dem Blut: Diese Fettsäuren stammen hauptsächlich aus dem Fettgewebe. Sie werden ins Blut freigesetzt und zur Energiegewinnung in die Muskeln transportiert.
  3. Fett aus der Nahrung: Fett, das du über die Nahrung aufnimmst, spielt während des Trainings eine untergeordnete Rolle, da es langsam ins Blut gelangt und erst in kleinere Fettsäuren zerlegt werden muss, bevor es verwendet werden kann.

Warum der richtige Mix zählt

Das Training in der FatMax-Zone und der Wechsel zwischen verschiedenen Intensitäten spielen eine entscheidende Rolle für die Verbesserung deines Stoffwechsels. Für Ausdauersportler bedeutet dies, dass sie nicht nur wissen sollten, wie sie Fette und Kohlenhydrate effizient nutzen, sondern auch ihre Ernährung und Trainingseinheiten entsprechend planen müssen.

Zum Beispiel wird bei langen Ausdauerwettkämpfen (wie Triathlons oder Marathons) die Fähigkeit, sowohl Fett als auch Kohlenhydrate zu verbrennen, immer wichtiger, da die Glykogenspeicher irgendwann erschöpft sind. Wenn du deinen Fettstoffwechsel trainierst, kannst du länger auf diesen Energiespeicher zurückgreifen, ohne dass deine Leistung stark abfällt.

Fazit: Kein „Schalter“ für Fettstoffwechsel

Es gibt keinen einfachen Schalter, der zwischen Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel umlegt. Beide Systeme laufen ständig gleichzeitig, aber ihre Anteile ändern sich je nach Trainingsintensität. Das Verständnis dieser Prozesse ist entscheidend, um das Beste aus deinem Training herauszuholen und deine Leistung zu optimieren. Wenn du dein Training so planst, dass du die richtigen Energiequellen zur richtigen Zeit nutzt, wirst du die besten Ergebnisse erzielen.