Radfahren: Wattmessung in der Praxis

Wie steuerst du eigentlich dein Radtraining? Verlässt du dich auf dein Gefühl, schaust du auf die Herzfrequenz oder hast du bereits einen Leistungsmesser am Rennrad? Wir erklären dir, warum wattgesteuertes Training für immer mehr Triathleten unverzichtbar geworden ist.

Die Geschwindigkeit beim Radfahren ist abhängig von Antrieb und den zu überwindenden Widerständen. Ein entscheidender Faktor beim Kampf gegen die Uhr ist der Luftwiderstand. Der Luftwiderstand steigt mit der Geschwindigkeit im Quadrat. B

ei einem Tempo von über 50km/h muss ein Radfahrer fast 90 Prozent seiner Kraft alleine dafür aufbringen, diesen zu überwinden. Da wundert es kaum, wie viel Zeit Triathleten mittlerweile darauf verwenden, die Angriffsfläche für den Luftwiderstand zu reduzieren.

Material vs. Muskelkraft

Bikefitting, Windkanaltests, Zeitfahrrahmen, Aerolaufräder, Trinksysteme, Zeitfahrhelme und Einteiler – die Liste der Optimierungsmöglichkeiten ist lang und entsprechend hoch sind die damit verbundenen Kosten.

Häufig werden Triathleten von der Idee getrieben, man bräuchte nur das neueste Material und schon führe man schneller. Dabei verliert man schnell mal aus den Augen, dass selbst das teuerste und windschnittigste Rad leider nicht von alleine fährt.

Und schaut man auf den Profi-Zirkus, dann können Laufräder und Co. durchaus einen Unterschied machen. Sofern man denn schnell genug fahren kann, denn die Zeitersparnis durch Aeromaterial ist auch ein Stück weit geschwindigkeitsabhängig. Damit nähern wir uns auch schon dem Thema.

Die Formel für schnelles Radfahren beinhaltet ja sowohl den Antrieb als auch die verschiedenen Widerstände. Beim Radfahren spielen neben dem Windwiderstand noch der Rollwiderstand und Lagerwiderstände eine Rolle.

Alleine die vorhandenen Widerstände zu reduzieren, macht aber aus einem mäßigen Sportler noch keinen Sieger. Das ist die gute Nachricht. Material alleine entscheidet nicht zwischen Sieg und Niederlage. Den größten Anteil an der Geschwindigkeit hat nämlich der Vortrieb, den man auf die Pedale bringt.

Im Prinzip kann man das mit einem Rennwagen vergleichen. Im Motorsport wird auch an der Aerodynamik gefeilt, aber die Basis eines jede Sportwagens ist ein leistungsfähiger Motor. Ein Spoiler auf dem Dach macht aus einem Kleinwagen noch keinen Formel-1-Boliden. Und genauso ist es auch im Radsport. Je leistungsfähiger der menschliche Motor ist, desto schneller kann ein Sportler radeln.

Der Antrieb beim Radfahren wird durch Kraftaufwand und Trittfrequenz bestimmt. Optimierst du einen oder beide Faktoren durch Training, steigerst du die Leistung, die du aufs Pedal bringst. Anders als in den beiden anderen Disziplinen im Triathlon kann man die erbrachte Leistung beim Radfahren genau messen.

Die Verbindung aus Mensch und Material macht es möglich. Bereits seit 20 Jahren gibt es Systeme, die an verschiedenen Stellen im Rad verbaut werden können. Waren zuverlässige Wattmesssysteme in der Anfangszeit vor allem Profis und gut betuchten Athleten vorbehalten, gibt es mittlerweile eine große Bandbreite an erschwinglichen Leistungsmessern auf dem Markt.

Die Investition in einen Wattmesser lohnt sich heute für jeden ambitionierten Athleten. Warum das so ist, wollen wir im Folgenden erläutern.

Was ist eigentlich ein Watt?

Das spannende am wattgesteuerten Training ist es, dass man die erbrachte Leistung sekundengenau erfassen kann. Leistung ist eine physikalische Größe und bezeichnet die in einer Zeitspanne umgesetzte Energie.

Die Leistung wird üblicherweise in Watt angegeben. Beim Radfahren weiß ich dank Wattmesser also ganz genau, wie viel Energie ich gerade aufwenden muss, um eine bestimmte Geschwindigkeit zu fahren. Das wiederum ermöglicht einem Athleten die perfekte Trainingssteuerung.

Leistung (P) = Arbeit (W) durch Zeiteinheit (Δt)

P = W/Δt

Was ist der Vorteil der Wattmessung gegenüber anderen Methoden der Trainingssteuerung?

Grundsätzlich ist es sinnvoll, dass man sich Gedanken darüber macht, was man mit einer Trainingseinheit eigentlich erreichen will. Maßgeblich dafür sollten die persönlichen Ziele eines Athleten sein. Wenn du ein Ironman Rennen bestreiten willst, ist in deinem Stoffwechsel eine andere Leistungsfähigkeit gefragt, als bei einer Sprint-Distanz, einer Rundfahrt oder einem Bahnsprint. E

ntsprechend solltest du deine Training steuern. Dafür kommen verschiedene Methoden in Frage: Gefühl, Puls oder Zeit sind die verbreitetsten Methoden der Trainingssteuerung. Unter bestimmten Bedingungen machen diese Methoden auch durchaus Sinn. Nur beim Radfahren sind alle drei leider nur bedingt geeignet. Schauen wir uns die einzelnen Methoden einmal genauer an.

Zeitgesteuertes Training

Was beim Laufen oder Schwimmen gut funktioniert, ist beim Radfahren leider gänzlich ungeeignet. Zeitgesteuertes Training braucht nämlich genormte Bedingungen. Der Geschwindigkeitsschnitt hat beim Radfahren dagegen wenig Aussagekraft.

Hier spielen einfach zu viele Faktoren rein: Wie lang war die gewählte Strecke? Warst du in den Bergen unterwegs oder bist du flach gefahren? Hast du alleine trainiert oder in der Gruppe? Bist du vorne im Wind gefahren oder hast du dich im Peloton versteckt?

Oberlenker, Unterlenker, Aeroposition – auch die Sitzposition hat einen direkten Einfluss auf die Geschwindigkeit. Dazu kommen unterschiedliche Windverhältnisse. Deshalb kann man eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit auf ein und derselben Strecke über die Zeit auch nur schwer bewerten.

Den Einfluss von Rücken oder Gegenwind zeigt der Tacho leider nicht an. Dennoch scheint für viele Sportler immer noch der Schnitt einer Ausfahrt das Maß aller Dinge zu sein. Für die Trainingssteuerung sind Zeit und Geschwindigkeit lediglich dann sinnvoll, wenn du beispielsweise auf einer windgeschützten Radrennbahn trainieren.

Ansonsten solltest du dich gedanklich möglichst schnell davon trennen. Im Gegenteil, die Jagd nach einem hohen Schnitt kann schnell dazu führen, dass du regelmäßig zu intensiv unterwegs bist.

Gefühlsgesteuertes Training

Da ist ein gefühlsgesteuertes Training schon wesentlich besser geeignet. Statt auf den Tacho solltest du eher auf deine Körper hören. Das ist sicherlich für viele Hobbysportler die Methode der Wahl. In vielen Fällen trügt das Gefühl jedoch.

Es dauert einige Zeit, bis man seinen Körper so gut kennen lernt, dass man sich in allen Situationen auf das Gefühl verlassen kann. Häufig meint Training nach Gefühl jedoch, dass Breitensportler sich in ihrer Komfortzone bewegen. Eine immer gleichbleibende Belastung führt auf Dauer aber zu einem Leistungsplateau.

Zwar können Einsteiger mit dieser Methode schnelle Erfolge verbuchen, aber der Körper gewöhnt sich an die gleichförmige Belastung und die erhoffte Anpassung bleibt aus. Jetzt wird es Zeit, die Komfortzone zu verlassen.

Verschiedene Untersuchungen zeigen aber, dass sich Hobbysportler, die nach Gefühl trainieren, mit der gewünschten Trainingszone vertun. Lange Grundlagenfahrten werden zu intensiv und knackige Intervalleinheiten zu lasch gefahren.

Zwar gibt es mit der Borg-Skala eine Hilfestellung, um die Belastung subjektiv einzuschätzen, aber eine objektive Bewertung wäre besser, wenn man aus der begrenzten Trainingszeit das Optimum herausholen möchte.

Pulsgesteuertes Training

Mit dem Aufkommen von erschwinglichen Pulsuhren hat sich das Training nach Herzfrequenz im Breitensport durchgesetzt. Es gibt kaum einen Ausdauersportler, der ohne Garmin, Polar und Co. seine Runden dreht.

Leider hat der Puls unter Belastung seine Tücken. Das erste Problem fängt schon damit an, dass unser Puls von vielen Faktoren abhängt: Alter, Fitnesszustand, Infekte, Übertraining, Temperatur, Stress oder Hormone haben Einfluss darauf, wie schnell unser Herz schlägt.

Das zweite Problem mit der Pulsmessung: Ohne eine vorherige Leistungsdiagnostik hat ein Pulswert wenig Aussagekraft. Mit einer einfachen Formel lässt sich die Fitness leider nicht berechnen. Trainingszonen die nach einem angenommenen Maximalpuls ermittelt werden, sind in etwa so genau wie das Lesen im Kaffeesatz.

Erst ein Laktatstufentest oder eine Spiroergometrie gibt Einblicke, was bei einem bestimmten Puls tatsächlich im Stoffwechsel passiert. Eine aktuelle Leistungsdiagnostik vorausgesetzt, kann das Training nach Puls schon eine gewisse Hilfestellung sein. Dabei solltest du aber berücksichtigen, dass der Herzschlag trotz gleichbleibender Belastung nach einer gewissen Zeit klettert.

Und drittens reagiert das Herz recht träge auf Belastungsänderungen. Es dauert 90 bis 120 Sekunden, bis die Pulsuhr anzeigt, wie intensiv eine Belastung tatsächlich für den Körper ist. Für kurze Intervallserien ist der Nachlauf des Herzens problematisch.

Auch bei Ausfahrten in wechselndem Terrain kann man erst spät auf eine Belastungsänderung reagieren. Das Aufzeichnen der eigenen Pulswerte hat zwar weiterhin seine Berechtigung, aber für die Trainingssteuerung ist sie nur bedingt geeignet.

Leistungsgesteuertes Radtraining

Wer effizient trainieren und aus der aufgewendeten Zeit das Meiste herausholen will, der kommt heute nicht mehr um ein wattgesteuertes Radtraining herum. Ein Wattmesser am Rad erfasst sekundengenau, welche Leistung man gerade auf die Pedale bringt.

Entsprechend schnell kann man auf Leistungsänderungen reagieren. Wenn man beispielsweise auf einer welligen Strecke unterwegs ist, kommt es vor, dass man kurze Anstiege einfach wegdrückt und das Tempo hoch hält. Schaut man aber statt auf den Schnitt auf die Leistung, wird man schnell merken, wie die Wattwerte mit jedem Prozent Steigung weiter nach oben schießen.

In wenigen Augenblicken verlässt man dann seine geplante Trainingszone und der anaerobe Stoffwechsel übernimmt zunehmend die Energiebereitstellung. Fliegt man in wenigen Sekunden über eine Welle rüber, hat das noch keinen großen Einfluss auf das Trainingsziel. Ziehen sich die Wellen auf der Landstraße jedoch etwas länger, bildet der Körper mehr Laktat.

Für eine Grundlageneinheit bedeutet das, dass wir statt Fett vermehrt Kohlenhydrate verbrauchen. Bei einer topografisch abwechslungsreichen Strecke häufen sich die Anstiege und entsprechend ändert sich der Trainingseffekt. Der Körper passt sich an das wechselnde Tempo und nicht an eine gleichbleibende Belastung im Fettstoffwechsel an.

Entsprechend solltest du beim Fahren regelmäßig auf die Wattwerte achten und die Leistung dem Zweck der jeweiligen Trainingseinheit anpassen. Für eine Grundlagenfahrt ist eine möglichst gleichmäßige Belastung sinnvoll, also Trittfrequenz und Leistung sollten über den gesamten Zeitraum wenig variieren.

Idealerweise würde man auf einem Rollentrainer fahren, denn hier gibt es wenig äußere Einflüsse und man kann die vorgegebenen Wattwerte und die Trittfrequenz sehr gut einhalten. Rollentraining ist daher effizienter als das Training auf der Straße. Aber auch auf der Straße kann man gut mit einem Leistungsmesser trainieren, allerdings kann es etwas dauern, bis man sich daran gewöhnt hat.

Ungewohnt ist am Anfang, dass die Wattwerte eben nicht so konstant ausfallen, wie man sich das erhofft. Der Vorteil des Wattmessers kann hier zum Problem werden. Wenn du dir auf dem Radcomputer deine Leistung sekundengenau anzeigen lässt, wirst du feststellen, dass die Wattwerte teils über 100 Watt nach oben oder unten springen können.

Die Leistung wird zwar sekundengenau ermittelt, aber die Kraftübertragung schwankt. Für die Praxis ist es daher sinnvoller, im Radcomputer einen geglätteten Wert einzustellen. Je nach Model kannst du zwischen 3 Sekunden, 10 Sekunden und 30 Sekunden wählen.

Der 3-Sekunden-Durchschnitt macht Belastungsänderungen immer noch schnell genug sichtbar, aber die Sprünge auf der Anzeige fallen geringer aus. Für den Einstieg mag aber ein 10-Sekunden-Mittel geeigneter sein, während 30 Sekunden schon wieder zu träge sind.

Wie ändert sich das Radtraining durch einen Leistungsmesser?

Training mit dem Wattmesser erfordert etwas Gewöhnung. Wenn man bisher nach Geschwindigkeit gefahren ist, wird man sich ziemlich umstellen müssen. Beim Grundlagentraining sollte der Wattwert möglichst bei gleichbleibend hoher Kadenz konstant gehalten werden.

Lautet die Vorgabe beispielsweise mit 80 Umdrehungen pro Minute zwischen 150 und 160 Watt zu fahren, dann wirst du auf der Straße sehr häufig schalten müssen. Zwar spielt es für den Wattmesser keine Rolle, ob du die 150 Watt mit einer 100er Kadenz oder mit 50 Umdrehungen pro Minute trittst, aber für den Stoffwechsel und den Trainingseffekt macht es sehr wohl einen Unterschied.

In der Praxis bedeutet dies, dass du in einen leichteren Gang schalten solltest, sobald du die Leistung nicht mehr mit der Trittfrequenz konstant halten kannst.

Beispiel: Du fährst mit 80 U/min und treten 150 Watt. In einem leichten Anstieg steigt der Wattwert auf 180 Watt bei gleichbleibender Trittfrequenz. Jetzt solltest du ein oder zwei Gänge herunterschalten, damit der Kadenz- und Wattwert wieder passen.

Gleiches gilt bei leichten Gefälle: Sinkt die Leistung unter 150 Watt, aber die Kadenz ist weiterhin bei 80 U/min, dann schaltest du hoch, bis die Werte wieder passen. Das gilt so lange, wie es das Terrain zulässt, welches du für dein Training ausgewählt hast.

Ab einem gewissen Steigungsgrad und abhängig von der Übersetzung am Rad lassen sich Leistung und Trittfrequenz nicht mehr im Grundlagenbereich fahren. Bei einer abschüssigen Serpentinenstrecke kommst du dafür mit dem Treten nicht mehr hinterher; Leistung und Trittfrequenz sinken möglicherweise unter den Grundlagenbereich.

Eine bergige Strecke eignet sich also nur bedingt für ein Grundlagentraining. Im Trainingsplan stehen sicher nicht nur ruhige und lange Ausfahrten. Für die Steuerung von Intervallen eignet sich der Wattmesser ebenfalls hervorragend. Innerhalb weniger Sekunden kannst du überprüfen, ob du den anvisierten Trainingsbereich erreicht hast und kannst gegebenenfalls gegensteuern.

In jedem Fall erfordert das Fahren mit Leistungsmesser aber eine gewisse Eingewöhnungszeit. Für viele Athleten ist es bestimmt ungewohnt, bergan nicht mehr aus Anschlag zu fahren und dafür bergab ordentlich Betrieb zu machen.

Oder anders ausgedrückt: Berge fährt man eventuell sehr gemütlich hoch, während es auf flachen oder abschüssigen Strecken ziemlich schnell werden kann. Dem Körper ist es nämlich egal, wie schnell das Rad fährt. Entscheidend für den Trainingseffekt ist die tatsächlich erbrachte Leistung.

Wie ermittelt man seine Trainingsbereiche?

Wer seine Trainingsbereiche nicht kennt, für den bleibt ein Wattmesser am Rad ein teures Spielzeug. Genau wie bei einem Pulsmesser machen die angezeigten Werte erst im Zusammenspiel mit einem Leistungstest Sinn.

Dafür bieten sich verschiedene Möglichkeiten. Bei einem klassischen Stufentest auf dem Ergometer kann die individuelle Leistungsfähigkeit ermittelt werden. Mittels Laktatmessung oder Atemgasanalyse können dann Schwellenbereiche und Trainingszonen ermittelt werden, die üblicherweise in Watt angegeben werden.

Sofern du in den letzten Wochen eine Leistungsdiagnostik gemacht hast, kannst du einfach mit diesen Werten loslegen. Ist die Diagnostik älter als 6 Monate, solltest du einen neuen Termin vereinbaren, weil sich deine Leistungsfähigkeit in einem langen Zeitraum durchaus signifikant verändern kann.

Eine Alternative zur medizinischen Diagnostik ermöglicht dir aber auch der Leistungsmesser selbst. Die Experten auf dem Gebiet der Wattmessung, haben einen validen Praxistest entwickelt, für den du kein Labor benötigst.

Hunter Allen und Dr. Andrew Coggan stellen in ihrem Buch „Wattmessung im Radsport und Triathlon“ einen 20-Minutentest vor, mit dessen Hilfe du deine Funktionsleistungsschwelle (FPT = engl. Functional Treshold Power) ermitteln kannst.

Damit lässt sich die eigene Funktionsleistungsschwelle ermitteln und daraus kannst Du dann Deine eigenen Trainingsbereiche ableiten. Als Funktionsleistungsschwelle ist der Bereich definiert, in dem du deine maximale Leistung auf dem Rad über eine Stunde halten kannst. Von dieser Schwellenleistung ausgehend, lassen sich Trainingsbereiche ableiten.

Deine FTP kannst du mit einem einfachen Praxistest ermitteln. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass du einen Wattmesser am Rad montiert hast. Für den Test benötigst du eine Strecke, auf der du mindestens 20 Minuten lang ohne Unterbrechung fahren kannst.

Für den Anfang ist es empfehlenswert, wenn diese Teststrecke eine leichte Steigung von mindestens 1-2 Prozent aufweist. Falls du keine geeignete Strecke in deiner Umgebung findst, kann die FTP auch auf dem Rollentrainer ermittelt werden. In jedem Fall ist ein solcher Leistungstest kein Vergnügen. Der 20-Minuten-Testläuft nach einem vorgegebenen Testprotokoll ab.

Aufwärmen

Für die Vergleichbarkeit der ermittelten Daten ist es wichtig, dass du dich exakt an das Testprotokoll hältst und immer auf derselben Strecke fährst. Fahre zu Beginn des Tests 20 Minuten locker warm. Danach folgen drei Minutenintervalle, in denen du mit einer hohen Trittfrequenz von 100 U/min kurbeln solltest. Anschließend fahre fünf Minuten locker weiter.

Hauptteil

Der Hauptteil des Tests beginnt mit einem fünfminütigen Tempointervall. Fahre so hart, wie du kannst! Wähle die Leistung aber so, dass du in der letzten Minute des Intervalls noch etwas zulegen kannst und nicht an Leistung verlierst.

Das Intervall dient dafür, die Muskeln für die anstehende Belastung zu öffnen. Im Anschluss fährst du locker 10 Minuten weiter und erholst dich für den eigentlichen Test. Nun heißt es, 20 Minuten lang die Zähne zusammenzubeißen.

Ziel ist es die maximale Durchschnittsleistung zu ermitteln, die du im Zeitraum erbringen kannst. Aber lasse es ruhig angehen. In den ersten fünf Minuten solltst dugefühlt unter deinen Möglichkeiten bleiben. Sobald du deinen Rhythmus hast, steigere das Tempo oder besser gesagt die Intensität langsam an die Schmerzgrenze und in den letzten fünf Minuten heißt es dann „All out“.

Abkühlen

Fahre dich zum Schluss noch 10-15 Minuten locker aus, um den Laktatabbau und die Regeneration zu beschleunigen. Den ganzen Test solltest du mit dem Wattmesser aufzeichnen. Kleiner Tipp: Klebe deinen Radcomputer ab oder blende die Leistungswerte aus, weil sonst eventuell dein Kopfkino anspringt.

Verlassen dich besser auf dein Gefühl. Lediglich die Trittfrequenz solltest du dir anzeigen lassen, damit die Werte vergleichbar bleiben. Die empfohlene Kadenz liegt bei mindestens 80 U/min oder darüber.

Was kann man nun mit diesen Werten anfangen?

Entscheidend für die Ermittlung deiner Funktionsleistungsschwelle und den damit verbundenen Trainingsbereichen ist das intensive 20-Minutenintervall. Ermittle  die Durchschnittswattleistung für diese 20 Minuten.

Viele Radcomputer berechnen die Durchschnittsleistung von selber, andernfalls ziehe die Daten auf deinen Computer und werte diese mit einer geeigneten Software aus. Vom Durchschnittswert ziehst du nun 5 Prozent ab, da die Funktionsleistungsschwelle (FTP) über einen Zeitraum von 60 Minuten definiert ist.

Studien von Allen und Coggan haben gezeigt, dass man so eine realistische Grundlage erhält. Diesen Praxistest kannst und solltest du mehrmals im Jahr wiederholen, um deinen Trainingsfortschritt zu dokumentieren. Ein Ziel deiners Trainings sollte es nämlich sein, den FTP-Wert zu erhöhen. Deine individuellen Trainingsbereiche kannst du nun entsprechend der nachstehenden Tabelle ableiten:

Wattgesteuerte Trainingsbereiche nach Allen und Coggan:

Rekom: <55% der FTP

Ausdauer: 56-75% der FTP (entspricht dem GA1-Bereich)

Tempo: 76-90% der FTP (entspricht dem GA2-Bereich)

Laktatschwelle: 91-105% der FTP (entspricht dem Schwellenbereich)

VO2max: 106-120% der FTP (entspricht dem EB-Bereich)

Anaerobe Kapazität: 121-150% der FTP (entspricht dem Spitzenbereich)

Rechenbeispiel für den Grundlagenbereich:

Nehmen wir mal an, deine Durchschnittswattleistung über 20 Minuten lag bei 250 Watt. Dann ziehe 5 Prozent davon ab und so hast du deine FTP bestimmt:

250 Watt x 0,95 = 237,5 Watt

In unserer Beispielrechnung läge Ihre Funktionsleistungsschwelle also bei rund 240 Watt.

Viel Erfolg!