Breaking5: Meine Verpflegungsstrategie für die Langdistanz

Das Thema Ernährung im Wettkampf gewinnt mit der Streckenlänge an Bedeutung. Spätestens ab der Triathlon Langdistanz oder bei einem Radmarathon musst du deine Verpflegung gut planen, wenn du nicht gegen die Wand fahren willst. Hier ist meine Strategie für die Challenge Roth.

Als Staffelteilnehmer kann ich meine Verpflegung natürlich etwas entspannter angehen, da ich weder vorher Schwimmen muss, noch nach dem Radfahren ein Marathon ansteht. Dennoch erfordern auch fünf Stunden auf dem Rad ein paar Gedanken zum Thema Energieversorgung.

Die optimale Verpflegungsstrategie für eine Langdistanz oder einen Radmarathon beginnt schon eine Woche vor dem Tag X. Wer eine möglichst hohe submaximale Leistung über einen möglichst langen Zeitraum aufrechterhalten will, der braucht viele Kohlenhydrate.

Kohlenhydratspeicherung kann man nicht trainieren

Allerdings ist die Speicherkapazität unseres Körpers für Kohlenhydrate begrenzt. Wir können unter Ausschöpfung aller Maßnahmen ungefähr 500g Kohlenhydrate in Form von Glykogen in der Leber und den Muskeln einlagern.

Die Menge an gespeicherten Kohlenhydraten kann man durch eine vorherige Entleerung der Speicher und einem gezielten Carboloading vor dem Wettkampf steigern, dennoch sind uns hier Grenzen gesetzt, die sich nicht verschieben lassen.

Kohlenhydratspeicherung lässt sich leider auch nicht trainieren, sodass wir mit den begrenzten Vorräten ökonomisch umgehen müssen, wenn wir nicht in eine Wand laufen oder fahren wollen.

Warum sind Kohlenhydrate im Stoffwechsel so wichtig?

Wenn zu wenig Kohlenhydrate verfügbar sind, könnte unser Körper doch einfach Fette verbrennen. Diese Annahme klingt erstmal logisch, aber bei genauer Betrachtung greift sie zu kurz. Fette verbrennen nämlich im Feuer der Kohlenhydrate. Unser Organismus befindet sich in Bezug auf den Stoffwechsel nie in einer Entweder-Oder-Situation.

Alle Stoffwechselprozesse laufen gleichzeitig, aber die Intensität und der damit verbundene Energiebedarf bestimmen, welchen Anteil an Energie das jeweilige System bereitstellt.

Vereinfacht kann man sagen:

  • Je intensiver eine Belastung, desto höher ist der Anteil an Kohlenhydraten.
  • Ab der anaeroben Schwelle spielt die Fettverbrennung keine Rolle mehr.
  • Für Fettverbrennung braucht der Körper mehr Zeit und mehr Sauerstoff.
  • Ohne Sauerstoff keine Fettverbrennung.

Schauen wir uns da ganze einmal in einem greifbaren Beispiel an:

Abhängig vom Körpergewicht braucht ein Triathlet bei einem Ironman mit 3,8km Schwimmen, 180km Radfahren und 42km Laufen rund 9.000 – 11.000kcal. Nehmen wir mal an, unser Musterathlet wiegt 80kg und braucht zirka 10.000kcal. In der folgenden Rechnung wird deutlich, welche Rolle die Fettverbrennung spielt und welchen Einfluss die begrenzten Glykogenspeicher auf die Wettkampfpace haben.

Noch einmal zu Erinnerung: Die Glykogenspeicher sind begrenzt und ab der anaeroben Schwelle erfolgt die Energiebereitstellung überwiegend aus Kohlenhydraten!

Wenn ich ein Rennen bestreite, welches 8-16 Stunden dauert, dann komme ich mit den körpereigenen Kohlenhydrat-Vorräten definitiv nicht hin. Der Brennwert von einem Gramm Kohlenhydrat liegt bei 4kcal; entsprechend liefern mir die rund 500g Glykogen ungefähr 2.000kcal.

500g KH x 4kcal = 2.000kcal

Es fehlen also noch rund 8.000kcal von den benötigten 10.000kcal für eine Triathlon-Langdistanz. Würde unser Mustersportler allerdings von Anfang an ein hohes Tempo nahe der anaeroben Schwelle anschlagen, wären die Glykogenspeicher nach spätestens anderthalb bis zwei Stunden leer und es käme zu einem Leistungseinbruch, weil sich der Körper nicht ausschließlich über Fett versorgen kann.

Die Aufnahmekapazität für Kohlenhydrate ist begrenzt

Entscheidend bei der Renngestaltung ist es also, dass wir mit unseren Glykogenreserven haushalten. Bei einem moderateren Tempo greift der Körper auf einen Energiemix aus Kohlenhydraten und Fetten zurück. Den Kohlenhydratverbrauch können wir also auch bei einer niedrigen Intensität nicht ganz auf Null fahren, sondern wir benötigen immer ein paar Kohlenhydrate.

Deshalb müssen wir uns unterwegs mit Kohlenhydraten in Form von Gels, Riegeln oder Isogetränken versorgen. Knackpunkt hier ist jedoch die begrenzte Aufnahmekapazität des Körpers. Unter Belastung können wir etwa 60-80g Glukose pro Stunde aufnehmen, weil die Transportwege im Darm begrenzt sind.

Zwar könnte ich auf dem Rad die doppelte Menge Zucker zu mir nehmen, aber der Darm kann eine solche Menge an Glukose nicht resorbieren. Das vorhersehbare Ergebnis sind Magenprobleme.

Nehmen wir also mal an, unser Musterathlet ist recht fit und plant mit einer Gesamtzeit von 10 Stunden. Fürs Schwimmen braucht er vielleicht eine Stunde. In dieser Zeit ist keine Nährstoffaufnahme möglich. Nach dem Schwimmen bleiben also noch 9 Stunden, in denen er maximal 80g Kohlenhydrate in Form von Glukose aufnehmen kann.

9h x 80g KH = 720g KH

Damit stehen unserem Mustersportler noch einmal 720g zusätzliche Kohlenhydrate zur Verfügung. Das entspricht einer Energiemenge von 2.880kcal.

720g x 4kcal = 2.880kcal

Rechnet man die Energiemenge aus den verfügbaren Kohlenhydraten zusammen, ergibt sich ein Energiedefizit von rund 5.000kcal, welches wir nicht aus der Kohlenhydratverbrennung decken können.

Mittels Spirometrie kannst du deinen Energiestoffwechsel sichtbar machen

An dieser simplen Rechnung kannst du nun bereits ablesen, welche Bedeutung der Fettstoffwechsel für einen Langdistanz-Triathleten hat. Etwa die Hälfte seines Energiebedarfs muss er aus Fetten ziehen.

Außerdem kannst du nun deine Pacing-Strategie ableiten: Dein Wettkampftempo sollte in einem Intensitätsbereich liegen, wo du mindestens die Hälfte deiner Energie aus Fetten beziehst. Zudem darf der Kohlenhydratverbrauch bei maximal 120g KH pro Stunde liegen.

Mittels Spirometrie könntest du jetzt genau dein Wettkampf-Pace ermitteln. Ohne medizinische Leistungsdiagnostik musst du dein optimales Tempo schätzen. Dabei würde ich eine defensivere Ausrichtung empfehlen. Das Wettkampftempo eines Breitensportlers auf der Langdistanz liegt im GA1-Bereich. Beim Radfahren sind das etwa 65-75 Prozent der eigenen FTP.

Wie sieht nun also eine sinnvolle Verpflegungsstrategie für eine Langdistanz aus?

Die volle Speicherkapazität von Kohlenhydraten erreicht hat man nur, wenn man die Glykogenspeicher in der Woche vor dem Rennen entleert.

So sieht dann die Woche vor dem Wettkampf aus:

Montag bis Mittwoch:
Die Kohlenhydratzufuhr wird beschränkt und durch ein moderates Trainingspensum die Speicher geleert. In dieser Zeit solltest du hauptsächlich Proteine und Fette zu dir nehmen. Der Anteil an Kohlenhydraten am Nährstoffmix sollte unter 5 Prozent liegen.

Donnerstag bis Freitag:
Die nächsten beiden Tage sind Ladetage. Kohlenhydrate sind wieder erlaubt. Ideal für dein Carboloading sind Kartoffeln und Süßkartoffel. Der Anteil der Kohlenhydrate steigt auf 50 Prozent der Gesamtkalorienzufuhr. D.h. du brauchst nicht ausschließlich Kohlenhydrate zu futtern, aber du solltest über den Tag verteilt bei jeder Mahlzeit eine ordentliche Portion Kohlenhydrate zu dir nehmen.

Außerdem braucht der Körper ausreichend Wasser und Kalium, um Kohlenhydrate einzulagern. Gemüse (liefert Kalium) und eine gesunde Proteinquelle gehören also auch bei jeder Mahlzeit auf den Tisch.

Aufgrund der vorherigen Entleerung der Glykogenspeicher kommt es in den Ladetagen zu einer Superkompensation. Der Körper ist jetzt in der Lage, mehr Kohlenhydrate einzulagern als an normalen Tagen.

Samstag:
Am Tag vor dem Wettkampf solltest du keine Ernährungs-Experimente mehr machen und dich ganz normal ernähren. Schwer verdauliches solltest du allerdings vermeiden, um dein Verdauungssystem zu entlasten. Abends vor dem Rennen gehören noch mal Kartoffeln auf den Tisch. Zudem solltest du über Tag mindestens 2 Liter Wasser trinken.

Raceday:
Der Wettkampftag beginnt für Langdistanzler sehr früh. Etwa 2,5-3 Stunden vor dem Rennen solltest du gefrühstückt haben. Hier hat sicher jeder so seine Favoriten. Bei mir kommt immer Porridge mit Zimt, Honig und Kokosmilch auf den Tisch.

Wichtig: Achte unbedingt auf leicht verdauliche Kohlenhydrate und meide Ballaststoffe. Diese regen nämlich die Verdauung an und Verdauung ist definitiv das Letztem, was du im Wettkampf brauchst! Schmelzflocken sind ausnahmsweise mal besser als Vollkornflocken.

Die kleinen Tricks für mehr Leistung

Wenn du noch etwas Leistungsreserve ausschöpfen willst, dann kannst du zum Frühstück ein Rote-Beetesaft-Konzentrat (FitRabbit) trinken. Das darin enthaltene Nitrat wird im Körper zur Stickstoffmonoxid (NO) umgewandelt und fördert auf natürliche Weise die Durchblutung. NO wirkt sich nämlich weitend auf unsere Blutgefäße aus; so können unsere Muskeln besser mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden.

Etwa 30min vor dem Rennstart greife ich auf einen weiteren Trick zurück, der meine Glykogenreserven schont. Eine aktuelle Studie aus Oxford hat gezeigt, dass Ketone im Blut die Kohlenhydrat- und Fettverbrennung hemmen.

Ketone sind Moleküle, die der Körper normalerweise im Hungerstoffwechsel aus Fettsäuren bildet. Ketone liefern etwa 21 Prozent mehr Energie als Kohlenhydrate und stellen eine alternative Energiequelle dar. Mittelkettige Fettsäuren (MCT-Öl – bspw. Rocket C8), wie sie in Kokosöl vorkommen, kann unser Körper auch in normalen Stoffwechsellagen in der Leber in Ketone umwandeln.

Das mache ich mir zunutze, indem ich kurz vor dem Start entweder MCT-Öl aus Caprylsäure oder sogar direkt Ketone in Form eines Ketonester-Shots zu mir nehme. 2 Esslöffel Caprylsäure liefern mir etwa zusätzliche 250kcal, ohne dass der Insulinspiegel nach oben schnellt.

Hydrogel gegen Magenprobleme

Die Versorgung im Rennen ist etwas komplexer und hier gibt es sicherlich verschiedene Strategien. Im Profisport wird auf dem Rad überwiegend auf flüssige Verpflegung zurückgegriffen. Pro Stunde können wir ja rund 60-80g Kohlenhydrate aufnehmen.

Je nachdem was man als Verpflegung plant, muss man jetzt einfach rechnen. Die meisten Profis mischen sich ein Nährstoffkonzentrat aus Gels oder Maltodextrin an und verdünnen es mit Wasser in einer Trinkflasche. So hat man auf dem Rad seine komplette Versorgung dabei und braucht nur noch Wasser an den Verpflegungsstellen aufzunehmen.

Meine Alternative ist das Sportgetränk von Maurten. Das Isogetränk aus Schweden verzichtet auf künstliche Zusatzstoffe und Aromen. Dafür sind der Kohlenhydratmischung mit Pektin und Alginat zwei natürliche Stoffe beigemischt, die in Verbindung mit Magensäure ein Hydrogel bilden.

Dieses Hydrogel hat zwei Vorteile: Zum einen wird der Zucker eingekapselt und verursacht so weniger Magenirritationen. Zum anderen kommt man mit deutlich weniger Flüssigkeit aus.

Autarke Energieversorgung auf dem Rad

Für mein Zeitfahren in Roth werde ich knapp 2,5 Liter Isogetränk mit auf die Reise nehmen. Pro halbem Liter liefert mir der Nährstoffmix 80g Kohlenhydrate (rund 320kcal). D.h. ich brauche drei 0,8l Flaschen am Rad. Das zusätzliche Gewicht kann ich bei einem Zeitfahren in welligem Terrain ganz gut verschmerzen, zumal es ja mit jedem Schluck weniger wird.

Außerdem plane ich ab der zweiten Stunde die Zufuhr von Natrium in Form von Salztabletten. Falls ich an heißen Tagen nicht mit der Flüssigkeit auskommen sollte, kann ich unterwegs immer noch Wasser aufnehmen. In Punkto Energieversorgung bin ich jedoch autark.

Meine persönliche Rechnung:

Meine Rechnung stellt sich übrigens etwas anders dar, da ich ja weder vorher Schwimmen noch anschließend einen Marathon laufen muss. Beim Radfahren plane ich eine Durchschnittsleistung von 220 Watt. Mein Energieverbrauch liegt dann etwa bei 750kcal pro Stunde. In knapp fünf Stunden brauche ich also etwa 3.750kcal.

Über die Hälfte davon habe ich mittels Carboloading im Idealfall bereits nach dem Frühstück in den Glykogenspeichern (ca. 2.000kcal / 500g KH). Dazu kommen etwa 250kcal in Form von Ketonen. Bleiben also noch etwa 1.500kcal übrig, die ich über mein Isogetränk (5x80g KH = 1.600kcal) unterwegs zu mir nehme. In dieser Rechnung noch nicht einkalkuliert habe ich, dass mein Fettstoffwechsel bei der geplanten Durchschnittsleistung ja noch ordentlich funktioniert. Es gibt also einen energetischen Puffer für mein Breaking5-Projekt.

Benötigte Kalorien: 3.750kcal
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Glykogenspeicher: 500g KH = 2.000kcal
Ketonester-Shot/Caprilsäure: 30ml = 250kcal
Maurten-Isodrink: 5x80g KH = 1.600kcal

Gesamtenergie: 3.850kcal
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Bei einer aktuellen Schwellenleistung (FTP) von zirka 280 Watt liegen 220 Watt im GA1-2-Übergangsbereich. Der Kohlenhydratverbrauch ist hier bereits deutlich über dem Fettverbrauch, aber die Fettverbrennung liefert eben noch Energie. Für eine komplette Langdistanz wäre ein solches Pacing sicherlich etwas zu riskant, aber ohne Schwimmen und Laufen sollte die geplante Durchschnittsleistung machbar sein.

Ich hoffe, ich konnte euch eine Anregung geben, wie man seine Verpflegung auf einer Langdistanz planen kann und auch sollte. Andernfalls könntest nämlich dein Ziel verfehlen.

Viel Erfolg bei deinem nächsten Rennen!