Radfahren in Spanien – Was du über das Verkehrsrecht in Spanien wissen wolltest
Andere Länder andere Verkehrsregeln. Darüber scheint sich nicht jeder Auto- und Radfahrer im klaren zu sein, dabei wäre es die eigene Pflicht, sich zuvor über die Gepflogenheiten im Reiseland zu informieren. Hier findest du ein paar Besonderheiten des spanischen Verkehrsrechts, die für ein besseres Verständnis zwischen Rad- und Autofahrern sorgen könnten.
Jedes Jahr aufs Neue kochen in sozialen Medien die Diskussionen hoch: Autofahrer regen sich über Radfahrer auf, die nebeneinander fahrend Mallorcas Straßen auf verstopfen und den Verkehr behindern würden. Radfahrer wiederum machen ihrem Ärger über rücksichtslose Autofahrer Luft.
Doch wie sieht eigentlich die rechtliche Lage aus? Die deutsche Straßenverkehrsordnung, die hier gerne von beiden Seiten in Diskussionen angeführt wird, gilt im Ausland nämlich nicht.
Dürfen Radfahrer in Spanien nebeneinander fahren?
Wie man sich im spanischen Straßenverkehr verhalten sollte, regelt das spanische Verkehrsrecht Ley del Tráfico, welches von der spanischen Verkehrsbehörde Dirección General de Tráfico del Gobierno de España (DGT).
Dort kann man auch nachlesen, wie es um das Radeln nebeneinander bestellt ist. Und siehe da, auf spanischen Straßen dürfen Radler parallel in Zweierreihe fahren. Sofern das Nebeneinanderfahren nicht durch entsprechende Schilder ausdrücklich untersagt ist. Auf Mallorca trifft das beispielsweise auf die Anstiege zum Sóller-Pass, nach Orient oder zum Puig de Randa zu.
Auf den übrigen Straßen dürfen Radler in Zweierreihe fahren, sofern die Straße übersichtlich ist. Gegebenenfalls müssen Radgruppen an engstellen in Einerreihe wechseln. Anders als im deutschen Verkehrsrecht gibt es übrigens für Radgruppen keine zahlenmäßige Beschränkung.
Während laut StVO in Deutschland erst Radgruppen ab 16 Teilnehmern aufwärts in Zweierreihe fahren dürfen, sieht das spanische Verkehrsrecht hier keine Beschränkung vor. Also liebe Autofahrer, bereits zwei Radler dürfen nebeneinander fahren, ohne dass dies grundsätzlich als Verkehrsbehinderung gewertet wird.
1,5o Meter beträgt auch in Spanien der Mindestabstand beim Überholen von Radfahrern
Das bedeutet aber nicht, dass Radfahrer sich benehmen dürfen, wie sie wollen. Das Nebeneinanderfahren ist nämlich nur erlaubt, sofern dadurch der Verkehr nicht behindert wird.
An dieser Stelle beginnt dann für manche Verkehrsteilnehmer sicherlich der Diskussionsspielraum. Ab wann behindern nebeneinander fahrende Radler den Straßenverkehr?
Vielleicht schauen wir uns an dieser Stelle mal an, wie es um das Thema Überholen von Radfahrern bestellt ist. Wie in allen europäischen Ländern gilt beim Überholen von einzelnen Radfahrern oder Radgruppen ein Mindestabstand von 1,50 Meter. Bei einer durchschnittlichen Fahrbahnbreite von rund 3 Meter bedeutet das, dass ein Auto einen einzelnen Radfahrer nur regelkonform überholen kann, wenn die Gegenspur frei ist. Selbst wenn ein Radler äußerst rechts fährt, kommt man bei Gegenverkehr nicht an ihm vorbei, ohne den Radfahrer dabei zu gefährden.
Grafik: DGT
Der Gesetzgeber rechnet hier mit 70-80cm Lenkerbreite plus 1,50 Meter Abstand machen 2,20 Meter. Auf der eigenen Spur bleiben also lediglich 80 cm zwischen Mittelstreifen und Radfahrer. Und das liebe Autofahrer reicht leider nicht. Überholen ist erst dann möglich, wenn kein Gegenverkehr da ist. Und dann sollten Autofahrer auch gleich die ganze Gegenspur ausnutzen, um Radfahrer nicht zu gefährden.
Das gilt übrigens genauso für Radgruppen, die in Zweierreihe nebeneinander fahren. Da Radfahrer bis auf wenige Ausnahmen alle öffentlichen Straßen befahren dürfen, ist das Radfahren nicht grundsätzlich als Verkehrsbehinderung zu werten. Eventuell erfordert es da also etwas Geduld von Autofahrern.
Diese Animation der DGT zeigt, wie du Radfahrer richtig überholst!
Im Übrigen muss eine Radgruppe geschlossen überholt werden. Hier ist ein wenig vorausschauende Fahrweise gefragt. Einfach zum Überholen ausscheren und sich bei Gegenverkehr in einer Radgruppe zu drängeln ist ein Verkehrsverstoß in Spanien und gefährdet die Radgruppe.
Muss ich dann bei Überholverbot ewig hinter einer Radgruppe herschleichen? Nein. Eine durchgezogene Linie gilt nicht bei Radfahrern und darf bzw. muss in diesem Fall sogar zum Überholen überfahren werden. Selbstverständlich nur dann, wenn kein Gegenverkehr kommt.
Grafik DGT
Auch das regelt das spanische Verkehrsrecht sehr eindeutig. Eine Gruppe von Radfahrern gilt im Verkehr als ein Fahrzeug. Sobald der erste Radfahrer beispielsweise in einen Kreisverkehr eingefahren ist, hat die ganze Gruppe Vorfahrt.
Pflichten von Radfahrern in Spanien
Spanische Straßen sind aber auch kein gesetzesfreier Raum für Radler. Genau wie alle anderen Verkehrsteilnehmer haben Radler neben Rechten auch Pflichten. Beispielsweise gilt in Spanien außerhalb geschlossener Ortshaften eine generelle Helmpflicht, egal ob man mit einem Rennrad, einem Hollandrad oder einem E-Bike unterwegs ist.
Außerdem sind Radfahrer angehalten entsprechend ausgeschilderte Fahrrad-Bereiche wie Radwege oder einen breiten Randstreifen zu nutzen, sofern diese vorhanden sind. Auch das Rechtsfahrgebot gilt in Spanien. Radfahrer sollen sich soweit wie möglich rechts auf der Fahrbahn halten, sofern sie sich dabei nicht selbst gefährden, weil beispielsweis der Untergrund zur Befahrung ungeeignet ist.
Ebenfalls verboten sind Kopfhörer im Straßenverker. Telefonieren im Sattel ist genauso verboten wie Alkohol beim Radfahren. Es gelten dieselben Grenzwerte wie beim Autofahren, also 0,5 Promille Alkohol im Blut. Es drohen empfindliche Bußgelder. Ab einem Blutalkoholgehalt von 1,2 Promille gilt Trunkenheit laut spanischem Verkehrsrecht übrigens als Straftat und kann im Härtefall auch mit Gefängnis bestraft werden.
Also liebe Radler und Autofahrer: Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert in allen Ländern gegenseitige Rücksichtnahme und manchmal auch etwas Geduld. Dazu gehört auch, dass man nicht in jeder Situation bedingungslos auf seinem vermeintlichen Recht beharrt.
Wenn sich auf einer schmalen Straße eine Autoschlange hinter einem bildet, dann kann man als Radgruppe auch mal rechts ran fahren, und die Autofahrer durchlassen. Das sorgt immer wieder für Dank auf Seiten der Autofahrer und macht unsere Trainingsausfahrt nicht zunichte.
In diesem Sinne wünsche ich euch eine sichere und unfallfreie Fahrt!