Bike-Fitting – Wer hat’s erfunden?

Blättert man heute durch Radsport- und Triathlon-Magazine ist Bike Fitting allgegenwärtig. In den letzten 5-10 Jahren sind etliche neue Anbieter wie Pilze aus dem Boden geschossen. Dabei ist das Thema noch relativ jung. Dachte ich bisher jedenfalls. Erfunden wurde Bike Fitting von einer traditionellen Radsportnation.

Bereits Anfang der 1970er Jahre haben sich italienische Radexperten mit dem Thema auseinandergesetzt; 1972 erschien die „Italian Cycling Bible“ und befasste sich mit der Flexibilität des Beinbeugers, Sattelkomfort und idealen Radeinstellungen.

Als Erfinder des medizinischen Bike-Fittings gilt allerdings ein Amerikaner: Der Mediziner Andy Pruitt hat sich Ende der 1970er in das Thema eingearbeitet. Damals arbeitete Pruitt an der Universität von Colorado und betreute Football-Spieler. Da er selbst Radfahrer war, kamen allerdings immer mehr Rad-Profis zu ihm, um sich von Pruitt verarzten zu lassen.

Da sich die Beschwerden glichen, fing Pruitt an, nach den Ursachen zu forschen und untersuchte die Biomechanik beim Pedalieren, vermaß Hebel beim Radfahren und notierte Veränderungen in der Sitzposition. Diese Arbeit gilt heute als Vorstufe zum Bike-Fitting.

Heute ist Andy Pruitt übrigens als Berater für Specialized tätig und hat maßgeblich an der Entwicklung des hauseigenen Fittingsystem Body Geometrie Fit mitgewirkt.

Worauf solltest du achten, wenn du einen Bike-Fitter suchst?

Vom Zweiradmechaniker, über Sportwissenschaftler, Orthopädietechniker und Physiotherapeuten – in Deutschland gibt es mittlerweile eine Vielzahl an Bike-Fittern, welche die unterschiedlichsten beruflichen Hintergründe mitbringen.

Bike-Fitter ist allerdings kein geschützter Berufsbegriff und es gibt keine Zulassungsbestimmungen. Im Prinzip könnte sich jeder Hobbyradfahrer Bike Fitter nennen und in seiner Garage loslegen.

Wenn du einen guten und seriösen Bike-Fitter suchst, solltest du dir deshalb unbedingt die Qualifikationen des jeweiligen Anbieters anschauen. Damit du nach dem Fitting möglichst komfortabel, beschwerdefrei und ohne Leistungsverlust auf deinem Rad sitzt, sollte sich ein Bike-Fitter mit Anatomie und Biomechanik des menschlichen Körpers auskennen.

Welche Qualifikationen sollte ein Bike-Fitter mitbringen?

Physiotherapeuten oder Sportwissenschaftler bringen einen sehr guten Background mit, aber sicherlich sind auch Orthopädietechniker oder Sportmediziner qualifiziert für diesen Beruf. Bei Zweiradmechanikern habe ich dagegen meine Zweifel, ob die Kenntnisse des menschlichen Körpers ausreichen, um einen Kunden optimal aufs Rad zu setzen.

Außerdem sollte ein Bike Fitter über ausreichend Erfahrung verfügen. Es gibt zwar immer mehr Systeme, die statisch oder dynamisch die Einstellung und Gelenkwinkel auf dem Rad ermitteln und so den Fitter unterstützen, aber ich bin davon überzeugt, dass ein System immer nur so gut sein kann, wie der Anwender.

Dabei spielt es keine Rolle, ob ein Bike Fitter mit Videoaufzeichnungen, Laservermessung, Motion-Capture oder Winkelmaßen arbeitet. Jeder Mensch ist individuell und lässt sich einfach nicht in eine starre Schablone pressen.

Die Erfahrung eines Bike-Fitters ist wichtig

Diese Erfahrung habe ich leider selbst schon mehrfach gemacht. Vor einigen Jahren habe ich ein Bike-Fitting mit dem Body Geometrie Fit System bekommen. Dabei sind meine Schuhe so manipuliert worden, dass auf dem Video zwar die Beinachse gerade war, aber die Belastung wurde auf die Beinaußenseite verlagert.

Die Folge waren wochenlange Knieschmerzen beim Radfahren. Das ITB-Band war überlastet. Nachdem mein Physiotherapeut das Problem nicht dauerhaft beheben konnte, bin ich zum Bike-Fitter meines Vertrauens gegangen. Der hat direkt meine Schuhe als Ursache ausgemacht und mit einem kleinen Keil unter der Einlage den Druck vom Knie genommen. Meine Beschwerden waren über Nacht verschwunden.

Auch ein teures System kann irren

Zuletzt durfte ich dann ein Motion-Capture-Verfahren (Retül) ausprobieren. Anfänglich war ich ziemlich begeistert von dem System, weil es unter Belastung die Gelenkwinkel ermitteln und so eine optimale Einstellung gewährleisten kann.

Jedoch kam dann ein Dämpfer, als ich mein zweites Rad von einem anderen Bike-Fitter auf eben diesem System einstellen lassen wollte. Das Ergebnis war gefühlt eine komplett andere Sitzposition. Zwar sind die idealen Winkelverhältnisse für Knie, Hüfte und Schultern im System hinterlegt, aber es gibt einen gewissen Spielraum für den jeweiligen Fitter.

Seit dieser Erfahrung bin ich umso mehr davon überzeugt, dass eben doch Augenmaß, Qualifikation und Erfahrung eines Bike-Fitters am Wichtigsten sind und nicht ein teures System.