Wie du deine FTP etwas genauer ermitteln kannst

Bergziege, Sprinter oder Allrounder – bestimme deinen Fahrer-Typ, damit du deine FTP künftig wesentlich genauer ermitteln kannst. Baue einen 20s-Sprint in deine nächste DIY-Leistungsdiagnostik ein, um deinen metabolischen Finger-Abdruck abzurunden. So geht’s…

Das Konzept der Funktionsleistungsschwelle (FTP) wurde von den US-Sportwissenschaftlern Coggan und Allen Anfang der 2000er Jahre entwickelt und war damals sicher nur Nerds bekannt. Seitdem hat sich der Begriff FTP im Radsport etabliert hat.

Was sich seitdem jedoch kaum verändert hat, ist die Methode zur Ermittlung der FTP. Per Definition der Funktionsleistungsschwelle ist die höchstmögliche Durchschnittsleistung, die ein Radsportler über eine Stunde aufrechterhalten kann.

Da eine Stunde All-Out physisch und psychisch sehr fordernd ist, hat sich in der Praxis ein submaximales Testverfahren bewährt. Beim klassischen 20min-Test wird von der erzielten Durchschnittsleistung pauschal 5 Prozent abgezogen, um auf die Stundenleistung schließen zu können.

FTP-Test nach Fahrer-Typ

Aus der modernen Leistungsdiagnostik wissen wir, dass der so ermittelte Wert je nach metabolischem Profil eines Radsportlers deutlich von der tatsächlichen anaeroben Schwelle abweichen kann.

Die mittels 20min-Test bestimmten Werte passen nicht für alle Sportler, sofern man pauschal einfach 5 Prozent von der Durchschnittsleistung abzieht.

Wenn du deine FTP etwas präziser bestimmen willst, musst du deine maximale Laktatbildungsrate (VLamax) kennen. Die VLamax eines Sportlers hat nämlich erheblichen Einfluss auf die Dauerleistung.

Die Laktatbildungsrate

Die Laktatbildungsrate macht die anaerobe Kapazität messbar und spiegelt den Kohlenhydratverbrauch unter Belastung wider.

Je weniger Laktat ein Fahrer produzieren kann, desto ökomischer ist der KH-Verbrauch. Das ist eine entscheidende Fähigkeit für lange Ausdauerbelastungen wie einen Radmarathon oder eine Triathlon Langdistanz.

Ein Athlet mit einer sehr hohen Laktatbildungsrate wird beim 20min-Test etwas größere Abweichungen gegenüber seiner Stundenleistung haben, während ein Athlet mit einer sehr niedrigen Laktatbildungsraten in Relation zu seiner Schwellenleistung etwas weniger verliert.

Deshalb habe ich mal drei Fahrer-Profile definiert, die dir helfen sollen, dein metabolisches Profil abzurunden und deine FTP mit dem 20min-Test deutlich präziser zu ermitteln.

FTP-Test nach metabolischem Profil unterteilt:

Fahrer-TypVLamax Modifikation beim FTP-Test
Sprinter> 0,8 mmol/l/s20min AvgP minus 8-10%
Allrounder0,5-0,7 mmol/l/s20min AvgP minus 5-8%
Bergziege< 0,4 mmol/l/s20min AvgP minus 3-5%

20s-Sprint zur Bestimmung des Fahrer-Profils

Einen groben Anhaltspunkt für deinen Stoffwechseltyp gibt dir deine Sprintfähigkeit. Absolviere nach einem kurzen Warm-up einen 20s Sprint. Dafür beschleunigst du dein Rad aus dem Stand maximal und versuchst, diese Leistung 20s lang zu halten.

Wichtig: Wähle für den Sprint einen Gang, mit dem du dein Rad gut beschleunigen und die Leistung mit einer hohen Trittfrequenz halten kannst. Du darfst während des Tests nicht schalten! Am besten absolvierst du im Warm-up zwei oder drei kurze Sprints, um einen passenden Gang zu finden.

Selbsteinschätzung Stoffwechsel-Profil:

Sprinter

Wenn du bei einem Sprint im Sitzen über 20s im Schnitt mehr als das 3-4-fache deiner FTP treten kannst, dann spricht das eher für den Sprinter-Typ. Für eine gute Sprintfähigkeit braucht es eine ausgeprägte anaerobe Kapazität. Die VLamax von Sprinter-Typen liegt bei 0,8 mmol/l/s oder höher.

Wenn du deine Schwellenleistung mittels FTP-Test ermitteln willst, würde ich dir empfehlen, eher 9% von deiner 20min AvgP abzuziehen.

Allrounder

Liegt deine durchschnittliche Sprint-Leistung über 20s beim 2,5-3-fachen deiner FTP bist du vermutlich der Misch-Typ. Deine Laktatbildungsrate dürfte zwischen 0,5 und 0,7 mmol/l/s liegen.

Zur realistischeren Ermittlung deiner FTP kannst du 7% als Faktor ansetzen.

Bergziege

Die Bergziege kommt dagegen nur auf relativ niedrige Spitzen-Werte. Schaffst du im Sprint über 20s im Schnitt weniger als das 2,5-fache deiner Schwellenleistung, bist du vermutlich eher der Diesel-Typ. Aufgrund jahrelangen Trainings dürftest du bereits eine recht niedrige Laktatbildungsrate von 0,3 bis 0,4 mmol/l/s haben.

Zur Ermittlung deiner FTP reicht es, wenn du zirka 5% von deiner 20min-Leistung abziehst.

Hinweis: Dieser Beitrag ist keine wissenschaftliche Arbeit, sondern versucht Erfahrungswerte in ein einfach anzuwendenden Schema zu bringen. Wenn du deine Laktatbildungsrate genau wissen willst, geht das nur mit einer modernen Leistungsdiagnostik. Du bekommst mit dieser einfachen Methode aber schon mal einen groben Anhaltspunkt, welcher Fahrertyp du möglicherweise bist.