Praktische Tipps fürs Radtraining mit Wattmesser
Training mit dem Wattmesser gilt als Non-Plus-Ultra im Radsport. Doch viele Radfahrer und Triathleten wissen gar nicht, wie sie mit ihrem Leistungsmesser richtig umgehen sollen. Wir geben dir Tipp, wie du mit leistungsgesteuertem Training effizient in Höchstform kommst.
Ohne das entsprechende Hintergrundwissen, bleibt ein Leistungsmesser ein teures Spielzeug am Rad. Es lohnt sich also, sich ein wenig mit der Materie zu beschäftigen. Über die Vorteile eines wattgesteuerten Trainings ist sicher schon vieles geschrieben worden. Dennoch wollen wir ein paar Argumente aufzählen, um dir einen Überblick zu verschaffen.
Warum Wattmessung im Radsport?
Wenn du effizient trainieren willst, musst du genau wissen, wie sich dein Training auf deinen Körper auswirkt. Nur so kannst du die richtigen Reize setzen. Unser Körper reagiert auf Training mit Anpassung. Setze ich die falschen Reize, bleibt die Anpassung suboptimal.
Ein Beispiel: Dein Ziel ist ein Radmarathon oder ein Ironman im Sommer. Dann musst du in der Grundlagenphase deinen Fettstoffwechsel aktivieren. Der Körper muss lernen, unter Belastung möglichst viel Energie aus der Fettverbrennung zu ziehen und dabei ökonomisch mit seinen begrenzten Kohlenhydratreserven umzugehen.
Lockeres Training im extensiven Grundlagenbereiche (GA1) führt zur gewünschten Anpassung. Als Folge des Trainings bildet dein Körper in den Mitochondrien mehr Enzyme für den Fettstoffwechsel. Diese stehen dann später im Rennen zur Verfügung und dein Körper verbrennt nun auch bei höheren Intensitäten noch relativ viel Fett.
Um diesen Trainingseffekt zu erzielen, sollte das Training auch tatsächlich im relevanten Trainingsbereich stattfinden. Fährst du ohne Leistungskontrolle, kann es passieren, dass du zwischen den verschiedenen Trainingsbereichen hin und her springst. Sportwissenschaftler sprechen dann von einem Mischreiz. Entsprechend suboptimal fällt die Anpassung aus.
Besser ist es, sich vor jedem Training ein klares Ziel zu setzen. Was will ich mit der Einheit erreichen? Und dann versuche ich, genau das zu trainieren. Der Wattmesser kann mir dabei helfen, denn er gibt mir sekundengenau Feedback, was mein Körper gerade leistet. Der Vorteil: Ich kann viel schneller auf Belastungsänderungen reagieren.
Außerdem kann ich so Junkmiles vermeiden und effektiver trainieren. Nehmen wir mal an, dein Trainingsbereich für den Fettstoffwechsel geht bis 180 Watt. Dann versuchst du bei deinem Training, deine Leistung grob zwischen 160 und 180 Watt zu halten.
Fährst du im Flachen los, bekommst du schnell ein Gefühl dafür, wie hart du dafür treten musst. Genauso schnell wirst du aber auch merken, wie sich äußere Einflüsse auf deine Leistung auswirken. Fährst du im Flachen mit Rückenwind, klettert dein Tacho bei 180 Watt schnell mal auf 35km/h oder mehr.
Dreht sich nach der nächsten Kurve der Wind, sinkt dein Tempo bei gleicher Leistung vielleicht auf knapp über 20km/h. Genauso verhält es sich bei Steigungen und Gefälle. Kleinste Unebenheiten in der Fahrbahn wirken sich sofort auf die Leistung aus. Entsprechend springen die Leistungswerte auf deinem Radcomputer auf und ab.
Grenzen austesten und Trainingsbereiche festlegen
An dieser Stelle steigen wir in die Praxis ein: Basis für dein leistungsgesteuertes Radtraining ist eine Leistungsdiagnostik oder ein FTP-Test. Denn nur, wenn du deine Leistungsgrenzen kennst, kannst du auch deine Trainingsbereiche abschätzen.
Sobald du deine Funktionsleistungsschwelle (FTP) kennst, kannst du deine Trainingsberieche ermitteln. Diese Werte brauchst du, damit du sinnvoll trainieren kannst.
Im nächsten Schritt musst du deinen Radcomputer einrichten. Ein großer Vorteil der Wattmessung im Radsport ist die sekundengenaue Erfassung deiner Leistung. Dadurch werden Trainingssteuerung und Auswertung exakter.
Du wirst aber auch schnell merken, dass man nach einer sekundengenauen Wattmessung nicht wirklich fahren kann. Als ich vor 7 Jahren meinen ersten Wattmesser bekommen habe, war ich nach der ersten Probefahrt schwer enttäuscht.
Ich dachte damals, der Powermeter sei kaputt, weil die Werte auf der Anzeige wie wild hoch und runter gesprungen sind. Teilweise waren bei gleichem Tempo Differenzen von über 100 Watt zu sehen.
Radcomputer einrichten: Wichtige Werte für die Trainingssteuerung
Kein Fahrer ist dazu in der Lage, auf der Straße eine konstante Leistung zu treten. Jegliche Änderung der Körperhaltung, Gefälle oder Wind wirken sich unmittelbar auf die gerade erbrachte Leistung aus.
Wenn du dein Training auf dem Rad mit Wattmesser steuern willst, solltest du dir daher lieber einen geglätteten Wert anzeigen lassen. Persönlich bevorzuge ich ein 3-Sekunden-Mittel, weil die Werte auf dem Radcomputer dann nicht mehr ganz so sprunghaft sind. Trotzdem kannst du noch schnell genug auf eine Belastungsänderung reagieren.
Alternativ kannst du dir auch deine Durchschnittsleistung für 10 oder 30 Sekunden einblenden lassen. Für kurze Intervallserien kann das 30-Sekunden-Mittel eine sinnvolle Ergänzung sein, aber für die allgemeine Steuerung sind mir 30 Sekunden zu ungenau.
Weitere wichtige Daten für deine Trainingssteuerung auf dem Rad sind die Trittfrequenz und die Zeit. Ziel beim Fahren sollte es sein, Trittfrequenz und Leistung möglichst konstant zu halten. Fährst du beispielsweise mit 180 Watt auf einer flachen Straße in eine kleine Welle rein, dann steigt die Leistung unmittelbar an, wenn du die Trittfrequenz konstant hältst.
Was musst du also tun? Je nach Steigung einen oder zwei Gänge runterschalten, bis Leistung und Trittfrequenz wieder im vorgegebenen Bereich sind. Geht es nach der Steigung wieder bergab, musst du dasselbe tun. Statt jetzt leer zu treten, solltest du ein paar Gänge hochschalten und weiterhin Leistung und Trittfrequenz konstant halten. Dieses Schaltverhalten hat selbstverständlich Auswirkung auf deine Geschwindigkeit. Bergan wird es dann mitunter sehr langsam und bergab sehr schnell.
Wenn du vorher nicht wattgesteuert gefahren bist, wird dir das neue Fahrverhalten möglichweise etwas unrhythmisch vorkommen. Tatsächlich gewöhnt man sich aber schnell daran, denn für deine Beine und deinen Stoffwechsel ist die Belastung so viel gleichmäßiger. Außerdem lernst du so, warum dein Rad so viele Gänge hat.
Wenn du noch Platz auf deinem Raddisplay hast, dann kannst du dir noch deine Durchschnittsleistung (Average Power / AVP) oder besser deine Normalized Power (NP) einblenden lassen.
Deine Average Power beinhaltet alle gemessen Wattwerte geteilt durch die Anzahl der Werte. Sie spiegelt deine Durchschnittsleistung für den gesamten Trainingszeitrum dar. Dabei sind alle Werte berücksichtigt, also auch Nullwerte, wenn du gerade nicht in die Pedale trittst.
Im Gegensatz dazu beschreibt deine Normalized Power einen Wert, welchen du gebraucht hättest, um mit konstantem Tempo zu fahren. Tempowechsel erfordern mehr Leistung als das Fahren mit gleichmäßiger Geschwindigkeit. Bringst du deine AVP mit deiner NP in Relation, kannst du abschätzen, wie gut dir deine Trainingssteuerung gelungen ist.
Bei einem Grundlagentrainig sollten AVP und NP nah beieinander liegen. Das spricht für eine gleichmäßige Belastung über den gesamten Zeitraum. Bei Intervalleinheiten wird die NP deutlich über der Durchschnittsleistung liegen.
Neben ruhigen Trainingsfahrten kann die Relation aus AVP und NP auch eingesetzt werden, um dein Pacing beim Zeitfahren zu bewerten. Hier kommt es ebenfalls auf eine konstante Belastung an.
Daten auswerten
Das sind für mich die wichtigsten Daten, die ich mir auf dem Display während der Fahrt anzeigen lasse. Für meine Geschwindigkeit ist hingegen kein Platz mehr auf dem Display. Dieser Wert hat für mein Training nämlich keine Relevanz.
Wertes du deine Trainingsausfahrten und Rennen anschließend aus, dann sind sicherlich noch weitere Daten relevant und können Aufschluss über deine Leistung geben.
Mittels Wattmesser kannst du beispielsweise ganz exakt deinen Energiebedarf bestimmen. Die Leistung in Watt errechnet sich nämlich physiologisch aus der aufgewendeten Energie pro Zeit: P = J/s (Leistung = Joule / Sekunde).
Ein weitere Wert, der für deine Trainingsplanung hilfreich sein kann, ist der Training Stress Score (TSS). Der TSS beschreibt den Stress, den du deinem Körper durch Training aussetzt. Er setzt sich aus der Belastungsintensität und der Belastungsdauer zusammen. Der TSS wird in Relation zu deiner FTP ermittelt und gibt dir Aufschluss, wie lange dein Körper braucht, um sich von der Belastung zu erholen.
Fazit: Ein Leistungsmesser ermöglicht uns eine exakte Trainingssteuerung und Auswertung auf dem Rad. So lassen sich Junkmiles vermeiden und das eigene Training effektiver gestalten. Es lohnt sich also, sich ab und an die aufgezeichneten Daten anzuschauen.
Viel Spaß mit deinem Wattmesser.