CRP20: Die eigene Funktionsleistungs-Schwelle (FTP) selbst bestimmen
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Das gilt zumindest, wenn man bei Radfahren das Maximum aus seinem Training herausholen möchte. Ein Wattmesser am Rennrad kann eine wertvolle Trainingshilfe sein, um die eigene Radleistung entscheidend zu steigern.
Ein Wattmesser allein macht natürlich noch keinen bessern Radfahrer aus dir, genauso wie ein teures Karbonrad nicht von selber fährt. Die Leistung musst du immer noch selber erbringen.
Mit einem Wattmesser am Rad kannst du aber die Leistung genau messen, die du auf die Straße bringst. Und zwar sekundengenau.
Wer mehr aus seinem Training herausholen möchte, braucht objektive Instrumente, um die tatsächliche Belastung zu messen. Jahrelang war die Pulskontrolle die einzige Möglichkeit für Hobbysportler, um das eigene Training zu steuern.
Genauere Methoden waren lange Profis vorbehalten. Doch mittlerweile gibt es einige verlässliche Powermeter für Rennräder, die auch für kleinere Geldbeutel erschwinglich sind. Allerdings sollte man dann auch wissen, wie man mit einem Wattmesser sein Training gestaltet. Ansonsten bleibt das Messinstrument ein teures Spielzeug.
Das Buch Wattmessung im Radsport und Triathlon von Hunter Allen und Dr. Andrew Coggan verrät dir alles, was du zum Thema wissen musst. Ein wesentlicher Punkt, ist die Diagnostikmöglichkeit, die dir die Wattmessung bringt. Erst wenn du dein aktuelles Leistungsvermögen kennst und einschätzen kannst, bist du in der Lage, dein Training so zu gestalten, dass Du den maximalen Nutzen daraus ziehst.
Hunter und Coggan stellen in ihrem Buch hierfür den Critical-Power-Test (CRP20) vor. Damit lässt sich die eigene Funktionsleistungsschwelle ermitteln und daraus kannst du dann deine eigenen Trainingsbereiche ableiten. Die Funktionsleistungsschwelle ist als der Bereich definiert, in dem du deine maximale Leistung auf dem Rad über eine Stunde halten kannst.
Von dieser Schwellenleistung ausgehend, lassen sich Trainingsbereiche ableiten.
Deine Funktionelle Schwelle kannst du mit einem einfachen Praxistest ermitteln. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass du einen Wattmesser am Rad montiert hast.
Für das Testprotokoll musst du dir eine Strecke suchen, auf der du mindestens 20 Minuten lang ohne Unterbrechung fahren kannst. Für Einsteiger ist es empfehlenswert, wenn die Strecke eine leichte Steigung von 2-3 Prozent aufweist. Alternativ kannst du den Test auch auf einem Rollentrainer absolvieren.
Hier ist ein leicht modifizierte Testablauf für dich:
Aufwärmen
Für die Vergleichbarkeit der ermittelten Daten ist es wichtig, dass du dich exakt an das Testprotokoll hältst. Fahr dich zu Beginn des Trainings 20-30 Minuten locker warm. Danach folgen 3 Minutenintervalle, in denen du mix einer hohen Trittfrequenz von 100 U/min kurbeln solltest. Anschließend fährst du 5 Minuten locker weiter.
Hauptteil
Jetzt beginnt der Hauptteil des Tests. Mit hochintensiven 30/30-öffnest du deine Beine für den eigentlichen Test: 5min (30s WSA und 30s Rekom im Wechsel).
Im Anschluss fährst Du locker 10 Minuten im Grundlagentempo weiter und erholst Dich.
Nun heißt es, 20 Minuten lang die Zähne zusammenzubeißen. Ziel ist es die maximale Durchschnittsleistung zu ermitteln, die du zu bringen im Stande bist. In den ersten 5 Minuten solltest du gefühlt etwas unter deinen Möglichkeiten bleiben. Dann steigerst du das Tempo an die Schmerzgrenze und in den letzten 5 Minuten heißt es „All out“!
Abkühlen
Zum Schluss solltest du noch 20-45 Minuten locker ausrollen, um den Laktatabbau und die Regeneration zu beschleunigen. Du kannst die gesamte Einheit aufzeichnen und später auswerten. Meine Empfehlung: Zeichne die 20min Zeitfahren separat auf.
Auf deinem Radcomputer solltest du die Leistungswerte ausblenden oder das entsprechende Feld abkleben, weil sonst dein Kopfkino anspringt. Lediglich die Trittfrequenz solltest du anzeigen lassen, um diese bei 80-90 U/min oder darüber zu halten.
Auswertung
Was kann man nun mit diesen Werten anfangen? Entscheidend für die Ermittlung deiner Trainingsbereiche ist das intensive 20-Minutenintervall. Ermittle nun die Durchschnittswattleistung für diese 20 Minuten.
Davon ziehst Du 5 Prozent ab, um deine Funktionsleistungsschwelle (FTP) zu ermitteln. Die FTP liegt grob im Bereich deiner anaeroben Schwelle. Diesen Leistungstest solltest du mehrmals im Jahr wiederholen, um deinen Trainingsfortschritt zu dokumentieren.
Deine Trainingsbereiche kannst du entsprechend der nachstehenden Tabelle ableiten:
Wattgesteuerte Trainingsbereiche
Rekom: <55% der FTP (Rekom)
Ausdauer: 56-75% der FTP (GA1)
Tempo: 76-90% der FTP (GA2)
Laktatschwelle: 91-105% der FTP (SWB)
VO2max: 106-120% der FTP (EB)
Anaerobe Kapazität: 121-150% der FTP (WSA/SB)
Rechenbeispiel für den Grundlagenbereich:
Nehmen wir mal an, Deine Durchschnittswattleistung über 20 Minuten lag bei 250 Watt. Dann ziehst Du 5 Prozent davon ab, indem du den Wert mit 0,95 multiplizierst:
250 Watt x 0,95 = 237,5 Watt
In unserer Beispielrechnung läge deine FTP also bei rund 238 Watt.
Viel Spaß beim Testen!